Das Pressestüberl auf dem Trainingsgelände war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel gemeinsam mit Maurizio Jacobacci den Raum betrat. Mit dem im schweizerischen Bern geborenen Italiener haben die Löwen nun 27 Tage nach der Freistellung von Michael Köllner wieder einen neuen Cheftrainer.
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Für viele kam die Verpflichtung von Maurizio Jacobacci überraschend. Bei den potentiellen Kandidaten fiel sein Name nur selten. Deshalb war die Erklärung von Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel interessant, wieso die Wahl auf den ehemaligen Meisterspieler von Neuchâtel Xamax fiel. „Ich habe mich intensiv auf dem Trainermarkt umgeschaut“, erklärte der 51-Jährige. Vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz, „weil die Herangehensweise dort ähnlich ist. Bei Maurizio habe ich sofort gemerkt, wie intensiv er sich mit uns beschäftigt hat. Das hat mich beeindruckt.“ Er habe viel Einfühlungsvermögen gezeigt, bringe zudem Erfolge als Trainer, aber auch als Spieler mit.
Der so Gelobte bedankte sich höflich für das Vertrauen bei Gorenzel „und dem ganzen Umfeld“, um gleich seine Vorgehensweise kund zu tun. „Entscheidend wird jetzt sein, die Mannschaft auf dem Platz und ihre Gedanken kennenzulernen, um zu sehen, was passiert ist.“ Die Bilanz der letzten elf Spiele (1 Sieg, 3 Remis, 7 Niederlagen) sei seiner Meinung nach kein physisches, sondern ein mentales Problem. „Diese Blockade ist zu lösen, damit die Spieler wieder ihre Leistung abrufen können. Sie müssen sehen: Da ist ein Trainer, der das Gespräch sucht, der sie besser machen will. Meine Aufgabe ist es, ihnen die Utensilien an die Hand zu geben, damit sie die bestmögliche Leistung am Samstag abrufen können.“
Die Auswärtspartie in Halle hatte sich der 60-jährige Jacobacci in der Schweiz bei Magenta angeschaut. „Die Mannschaft hat hinten wenig zugelassen“, befand er in seiner Analyse, „aber wenn man den Ball hat, muss man auch wissen, was damit zu tun ist. Wir müssen die Umschaltphase so gestalten, dass wir den Gegner in Schwierigkeiten bringen.“ Der Kader sei gut aufgestellt, verfüge über eine „gewisse Qualität“. Als Beispiel griff er Jesper Verlaat heraus, der zu Saisonbeginn gut performt habe. In Halle hätte der Niederländer zu Beginn des Spiels Probleme gehabt. „Er hat sich dann gefangen, aber die Verunsicherung konnte man spüren. Wir müssen schauen, dass er wieder zu dem früheren Standing kommt.“
Jacobacci bezeichnet sich selbst als Taktik-Freak. Doch wegen der Kürze der Zeit liege darauf nicht sein Hauptaugenmerk. „Diese Woche kann ich nicht alles umsetzen. Ich möchte das Team nicht mit taktischen Situationen überladen, sondern ganz einfache Muster bringen, die sie schon am Samstag umsetzen können. So viele Veränderungen werde ich nicht machen, damit kein Wirrwarr in den Köpfen entsteht.“
Der neue Trainer sagt offen, dass er stolz ist, den TSV 1860 München trainieren zu dürfen. Dass er den Verein schon lange kennt, ist keine Anbiederung. „Timo Konietzka hat mir als Trainer bei Young Boys als 16-Jähriger die Chance in der ersten Mannschaft gegeben. Auch Otto Luttrop habe ich gut gekannt“, führte er zwei Meisterspieler der Sechzger an. Ebenso zählte er Paul Schönwetter, der in der Saison 1984/85 für die Löwen gespielt hatte, oder Remo Meyer (2002 bis 2006), mittlerweile beim FC Luzern Sportchef, auf. Dazu schwärmt er Jacobacci von den Fans. „Sie sind ein großer Vorteil von 1860!“
Auch wenn Jacobacci mit der Eleganz eines Italieners daherkommt, ist er vom Wesen eher ein hemdsärmeliger Typ, einer der anpackt. „Das entspricht meiner Philosophie“, sagt er. „Ich bin ein leidenschaftlicher, emotionaler Trainer, der auf Augenhöhe mit den Spielern ist. Sie müssen verstehen, wieso sie so oder so spielen müssen. Ich bin akribisch in der Vorgehensweise, dabei aber flexibel, um das bestmögliche System für die Mannschaft zu finden. Wir müssen das Spiel gegen Viktoria Köln so angehen, damit wir es gewinnen können!“, hat er klare Vorstellungen.
Für Jacobacci ist Fußball keine Arbeit. „Es ist eine Passion, eine Leidenschaft. Diese Einstellung erwarte ich auch von den Spielern. Fußball ist ein fantastischer Sport, den man genießen muss. Nur wenn er Freude macht, kann man erfolgreich sein.“ Dazu gehöre aber auch ein gewisses Maß an Disziplin und ein Wir-Gefühl. „Wer sich dem Erfolg der Mannschaft nicht unterordnet, wird ein Problem mit mir bekommen. Wir haben hier alles, um Top-Leistungen abzurufen. Das müssen die Spieler schätzen.“