SECHZIGMÜNCHEN.
 

Die Neuen der 3. Liga: Hannover 96 II – Schon jetzt Geschichte geschrieben.

Als erste Reserve eines Zweitligisten schaffte die U23 von Hannover 96 den Aufstieg in die 3. Liga. 

Wie jedes Jahr gibt’s auch heuer wieder einen kräftigen Wechsel in der 3. Liga. Sieben Teams in der 20er-Liga sind neu. Mit dem SV Wehen Wiesbaden, Hansa Rostock und VfL Osnabrück sind drei Zweitliga-Absteiger fix. Dazu kommen die Regionalliga-Aufsteiger FC Energie Cottbus, Alemannia Aachen, VfB Stuttgart II und Hannover 96 II. Nacheinander stellen wir die Neuen vor, diesmal Hannover 96 II.

Wenig Jubel brach bei den Klubs der 3. Liga aus, dass mit Hannover 96 II eine weitere Zweitvertretung in der kommenden Saison in der 3. Liga spielt. Das Positive dabei: Wie Borussia Dortmund II und der VfB Stuttgart II bekommen auch die Niedersachsen keine Gelder aus dem Fernsehtopf. Damit müssen die 23,58 Millionen Euro, die bis 2027 an die Klubs ausgeschüttet werden, nicht wie letzte Saison durch 18 geteilt werden, sondern nur noch durch 17. Statt mit 1,31 Millionen Euro pro Saison können die anderen Teams mit etwa 75.000 Euro mehr rechnen. Für viele ein schwacher Trost.

Sportlich gibt es wenig Zweifel daran, dass sich Hannovers Zweite den Aufstieg verdient hat. Mitte Dezember 2023 hatten die Niedersachsen die Tabellenspitze der Regionalliga Nord übernommen und diese nicht mehr aus der Hand gegeben. Dabei kam die 96-Reserve alles andere als gut in die Saison, belegte nach sieben Spieltagen nur Rang neun. Seitdem musste sich das Team von Trainer Daniel Stendel in 27 Partien nur noch dreimal geschlagen geben. Zwischenzeitlich gelangen sechs Siege in Folge, zudem blieben die Niedersachsen in 14 aufeinanderfolgenden Partien ungeschlagen. Lediglich sechsmal verließ man den Platz als Verlierer. Zuhause blieb 96 sogar gänzlich unbesiegt. Insgesamt stehen 24 Siege und beindruckende 90 Tore zu Buche. Damit stellte der Aufsteiger die mit Abstand beste Offensive aller Regionalligisten.

In den Aufstiegsplayoffs setzte sich der Meister der Regionalliga Nord nach einer 0:1-Niederlage im Hinspiel im Rückspiel gegen den Meister der Regionalliga Bayern, die Würzburger Kickers, im Elfmeterschießen mit 5:4 durch, nachdem es nach 120 Minuten 3:2 für die Niedersachsen gestanden hatte. Zwar fehlte mit Lars Gindorf in den Entscheidungsspielen der Top-Torjäger (21 Treffer in 22 Spielen). Bereits Anfang März wurde er zu den Profis befördert, wo er im Endspurt der Zweitliga-Saison zehnmal zum Einsatz kam. Den 22-Jährigen hatten die Niedersachsen nach Saisonende in den Urlaub geschickt, damit er sich für die anstehende Spielzeit in der 2. Bundesliga erholt. Neben Gindorf fehlten mit Muhammed Damar und Antonio Foti auch Torjäger Nummer zwei und drei bei der 96-Reserve.

Dafür kamen mit Leo Weinkauf, Julian Börner, Brooklyn Ezeh, Kolja Oudenne und Christopher Scott gleich fünf Spieler aus dem Profikader gegen Würzburg zum Einsatz. Alle fünf Akteure hatten bereits während der laufenden Regionalliga-Saison für die zweite Mannschaft gespielt und waren im Zweitligakader nur Ersatzspieler. Sie fügten sich alle nahtlos in das Kollektiv ein. „Bei aller Qualität, die die Jungs mitbringen, kann man solche Spiele nur erfolgreich bestreiten, wenn man schnell als Mannschaft zusammenwächst“, erklärte Trainer Daniel Stendel.

Bereits vor den Aufstiegsspielen hatte der 50-jährige Coach seinen auslaufenden Vertrag langfristig bis 2027 verlängert. Er war im Sommer 2022 nach Hannover zurückgekehrt. Für die Profis spielte er von 1999 bis 2006. Anschließend ließ er seine Karriere als spielender Co-Trainer in der U23 ausklingen, ehe er von 2008 bis 2017 erst als U17-, als U19- und schließlich als Cheftrainer für den Klub gearbeitet hatte. Nach Stationen in England (FC Barnsley), Schottland (Heart of Midlothian FC) und Frankreich (AS Nancy) kehrte er vor zwei Jahren als Reserve-Coach zurück. In den 72 Partien unter seiner Leitung schaffte das Team einen Schnitt von 2,03 Punkten pro Spiel. Nach wie vor verspüre er große Lust, die Entwicklung der jungen Spieler mitzugestalten, ließ er bei seiner Vertragsverlängerung wissen.

Wenig Zeit bleibt bei der Zusammenstellung des Kaders bis zum Trainingsstart am 24. Juni 2024. Mit Angreifer Jorden Winter (20) vom FSV Luckenwalde, Defensiv-Talent Noah Engelbreth (19) von Union Berlin und Felix Göttlicher (22), der von Ligakonkurrenten SV Sandhausen an die Leine wechselt, stehen drei externe Zugänge fest. „Felix ist ein spannender Spieler, der die Liga kennt und trotz seines jungen Alters schon auf einige Erfahrung zurückblicken kann“, beschreibt 96-Chefscout Maximilian Lüftl die Vorzüge des gebürtigen Ingolstädters. Als physisch präsenter Verteidiger soll er die 96-Defensive stabilisieren. Zudem bringt er die Erfahrung aus 34 Drittliga-Spielen für Unterhaching, Aue und Sandhausen mit.

Göttlicher könnte zusammen mit dem 33-jährigen Julian Börner die Innenverteidigung bilden. Der Ex-Profi ist als Führungsspieler vorgesehen, trug schon in der Relegation die Kapitänsbinde und hat seinen maßgeblichen Teil zum Aufstieg beigetragen. Das gilt auch für den Japaner Hayate Matsuda (20), der bisher von Mito HollyHock ausgeliehen war und gegen Würzburg als Torschütze glänzte. Der Publikumsliebling soll, geht es nach den Verantwortlichen, unbedingt bleiben.

Fluktuation ist bei einer zweiten Mannschaft normal. Neben Gindorf und Husseyn Chakroun, die ins Profiteam aufrücken, stehen aus der Aufstiegsmannschaft Tom Moustier (22), der zu Ligakonkurrent Rot-Weiss Essen wechselt, Rechtsverteidiger Luis Podolski (20), den es zum Regionalliga-Rückkehrer Kickers Emden zieht und Theo Schröder (22), der sich dem FC St. Pauli II anschließt, künftig nicht mehr zur Verfügung. Außer mit externen Zugängen wird der Kader mit U19-Spielern aufgefüllt. Interessant wird sein, ob Hannover die an Arminia Bielefeld ausgeliehenen Marius Wörl und Monju Momuluh zurückbeordert. Die Ostwestfalen würden gerne beide Spieler für ein weiteres Jahr behalten.

Das Rückspiel in der Aufstiegsrelegation hat die U23 vor 25.000 Zuschauern in der Heinz von Heiden Arena ausgetragen. Das Stadion der Profis wird auch künftig bei Hochsicherheitsspielen und bei Partien, bei denen viele Gästefans erwartet werden, eine Alternative sein. Für den Spielbetrieb in der 3. Liga ist ansonsten das Eilenriedestadion vorgesehen. Die 2016 modernisierte Spielstätte muss dafür ausgebaut werden. Derzeit bietet sie lediglich 2.500 Zuschauern Platz, vorgeschrieben sind 5.000 Plätze. Auch die Anzahl der Sitzplätze muss um 900 auf 2.000 erhöht werden.

Für den Aufsteiger bietet die 3. Liga optimale Bedingungen, um Spieler aus dem eigenen Nachwuchs an die Profimannschaft heranzuführen. Der Abstand von nur einer Spielklasse zur ersten Mannschaft eröffnet gute Bedingungen bei der Spielerakquise. „Das ist die Hoffnung“, so Sportdirektor Marcus Mann gegenüber der BILD. „Der Aufstieg war gute Werbung für Hannover 96. Unser Argument kann schon sein, lieber zu uns zu kommen als zu einem anderen Drittligisten. Denn wer sich in der 3. Liga durchsetzt, ist natürlich sehr nah an den Profis dran.“ Finanziell können die 96er wenig bieten, weshalb ein sofortiger Abstieg auch keinen Beinbruch darstellen würde. Jedenfalls haben Niedersachsen mit ihrer U23 schon jetzt Geschichte geschrieben.

DATEN & FAKTEN

Name: Hannover 96 II
Gründung: 12. April 1896
Mitglieder: 22.000 (Stand: 01.07.2023)
Vereinsfarben Schwarz-Weiß-Grün
Größte Erfolge: Deutscher Meister 1938 und 1954; DFB-Pokalsieger 1992; Deutscher Amateurmeister 1960, 1964, 1965
Stadion: Heinz von Heiden Arena (Plätze: 49.000)/Eilenriedestadion (5.000 Plätze)
Homepage: www.hannover96.de
Social Media: Facebook: @Hannover96; x.com: @Hannover96; Instagram: @hannover96; YouTube: @hannover96tv
Trainer: Daniel Stendel (01.07.2022)
Letzte Saison: 1. Platz Regionalliga Nord mit 76 Punkten aus 34 Spielen (Torverhältnis: 90:40)
Bester Torschütze: Lars Gindorf (21 Tore)
Bilanz 96 II gegen Sechzig: -
Spieler, die für beide Teams aktiv waren: 
u.a. Valmir Sulejmani, Niklas Tarnat, Marius Wolf, Valdet Rama, Deniz Aycicek

KURIOSES
Hannover 96 II schrieb in diesem Jahr Geschichte: Erstmals stieg eine Zweitvertretung eines Zweitligisten in die 3. Liga auf. Schon einmal stand eine Reserve eines Klubs aus der 2. Bundesliga kurz vor dem Aufstieg. In der Saison 2012/2013 war es die U23 der Löwen als Meister der Regionalliga Bayern. Es fehlten in der Relegation gegen die SV Elversberg 07 keine zehn Minuten, um für das Novum zu sorgen. Das Hinspiel vor 3.000 Zuschauern im Waldstadion an der Kaiserlinde ging mit 2:3 verloren (Torschützen: Basti Maier und Necat Aygün). Das Rückspiel fand in der Allianz Arena statt. Beim ursprünglichen Termin schüttete es aus Kübeln, die Partie musste verschoben werden. Zwei Tage später wurde die Begegnung nachgeholt. Vor 14.500 Zuschauer führten die kleinen Löwen in Fröttmaning durch einen Treffer von Aygün (40.) bis in die Schlussphase mit 1:0. Das hätte durch die damals praktizierte Regel mit den doppelt gewerteten Auswärtstoren bei einem ausgeglichenen Torverhältnis gereicht, dann traf in der 84. Minute Abedin Krasniqi zum 1:1, womit die Saarländer den Aufstieg in die 3. Liga perfekt machten. Mehr Glück als die 1860-Reserve hatte dann zwölf Jahre später Hannover. Im Elfmeterscheißen setzten sie sich durch.

TRANSFERS (Stand: 07.06.2024)
Zugänge:
 Noah Engelbreth (1.FC Union Berlin U19), Jorden Winter (FSV 63 Luckenwalde), Felix Göttlicher (SV Sandhausen), Julian Börner (eigene Profis)
Abgänge: Tom Moustier (Rot-Weiss Essen), Luis Podolski (Kickers Emden), Theo Schröder (FC St. Pauli II), Husseyn Chakroun, Lars Gindorf (beide eigene Profis), Lorenz Hollenbach, Joyce Luyeye-Nkula, Fynn Henze, Luis Hesse, Liam Tiernan, Micah Chisholm, Adrian Becker (alle Ziel unbekannt)

Die Neuen der 3. Liga: FC Energie Cottbus – Im fünften Anlauf zurück!
Die Neuen der 3. Liga: Alemannia Achen – Zurück nach elf trostlosen Jahren.

Die Neuen der 3. Liga: VfB Stuttgart II – Aufholjagd belohnt.

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