SECHZIGMÜNCHEN.
 

Blick zurück: Saison 1966/1967.

Das Löwen-Team in der Saison 1966/1967, hinten (v. li.): Trainer Max Merkel, Friedel Lutz, Gottfried Peter, Hans Reich, Manfred Wagner, Hans Küppers, Friedhelm Konietzka. Mitte (v. li.): Präsident Albert Wetzel, Bernd Patzke, Hans Rebele, Rudolf Brunnenmeier, Wilfried Kohlars, Rudolf Steiner, Peter Grosser, Vorstandsmitglied Beer. Vorne (v. li.): Ludwig Bründl, Alfred Heiß, Petar Radenkovic, Wolfgang Fahrian, Zeljko Perusic, Rudolf Zeiser. 

Die Titelverteidigung in der Saison 1966/1967 misslang. Zum einen wurden die Löwen regelrecht verpfiffen, zum anderen begehrte die Mannschaft gegen den Trainer auf. In einer internen Teamsitzung am 15. Dezember 1966 entschieden sich 14 von 17 Spielern gegen Max Merkel. Präsident Adalbert Wetzel entließ wenige Tage später den Österreicher.

Schon in der Meistersaison hatte es atmosphärische Störungen zwischen der Mannschaft und Trainer Max Merkel gegeben. Und auch vor der neuen Spielzeit ging der Österreicher auf Konfrontationskurs, als er ausgerechnet dem allseits beliebten Petar Radenkovic mit Wolfgang Fahrian den deutschen WM-Keeper von 1962 zur Seite stellte. Ein Schlag ins Gesicht des Meisterkeepers und vielleicht auch eine Retourkutsche, weil Radi ihn des Öfteren kritisiert hatte. Otto Luttrop, ebenfalls kein Merkel-Freund, war von sich aus gegangen, Ansonsten hielten sich die Verstärkungen in Grenzen. Neben Fahrian kamen lediglich die beiden Abwehrspieler Friedel Lutz (Eintracht Frankfurt) und Gottfried Peter (Borussia Neunkirchen) hinzu. Beide sollten sich als Fehleinkäufe herausstellen.

Der amtierende Meister startete3 schwach. Aus den ersten fünf Spielen gab’s lediglich ein Sieg. Am 8. Spieltag ging’s im Grünwalder Stadion gegen Borussia Dortmund, denen die Löwen im Jahr zuvor den Titel weggeschnappt hatten. Es wurde zu einem Skandalspiel, dass den Sechzgern – im Nachhinein betrachtet – die Meisterschaft kostete. Zorn und Wut der 32.000 Zuschauer richtete sich an jenem 8. Oktober 1966 gegen Schiedsrichter Max Spinnler aus Mainz.

Was war geschehen? Nachdem die Löwen durch Rudi Brunnenmeier mit 1:0 in Führung gegangen waren, erkannte Spinnler zwei Tore der Dortmunder an, die er als einziger im Stadion als regulär betrachtet hatte. Vor dem 1:1 durch Lothar Emmerich in der 81. Minute hatte er Einwurf für die Dortmunder gegeben, obwohl deren Stopper Wolfgang Paul es war, der den Ball per Befreiungsschlag auf die Stehhalle gedroschen hatte. Und kurz vor Schluss erzielte Sigi Held den Siegtreffer, wobei er den Ball deutlich mit der Hand gestoppt hatte. Auch der Linienrichter hatte es so gesehen, wurde aber von seinem Schiedsrichter ignoriert.

Nun drehten die Löwen durch. Manni Wagner reklamierte handgreiflich beim Schiedsrichter und wurde des Feldes verwiesen. Ihm folgte kurz darauf Timo Konietzka, von dem sich der Unparteiische ebenfalls bedroht glaubte. Zwei Platzverweise und das Spiel verloren – die Fans kochten. Stundenlang warteten sie nach Spielschluss am Stadionausgang auf den Unparteiischen, der nur dank eines großen Polizeiaufgebots unbehelligt, aber mit großer Verspätung davon kam. Er hatte übrigens auch noch Bernd Patzke wegen Beleidigung im Spielberichtsbogen notiert.

Was aber noch viel schlimmer wog als die Niederlage, war das vom DFB-Sportgericht verhängte Strafmaß. Konietzka erhielt sechs Monate Sperre aufgebrummt, Manni Wagner drei Monate, und Bernd Patzke wurde zu 500 Mark Geldstrafe verurteilt. Außerdem wurde der TSV 1860 zu einer Platzsperre für ein Spiel verknackt. Das war die einzige Strafe, auf die dann später in der Berufung verzichtet wurde.

Nach dem Dortmund-Spiel folgte noch eine 0:3-Niederlage im Derby. Damit rangierten die Löwen als Meister nach neun Partien auf dem vorletzten Rang, einem Abstiegsplatz. Im Anschluss daran rappelten sich die Sechzger wieder auf, blieben die folgenden neuen Spiele ungeschlagen und beendeten die Hinrunde auf Platz acht.

Doch zwei Tage vor dem letzten Vorrundenspiel in Frankfurt kam es zur Revolte gegen den Trainer. Am Abend des 15. Dezember 1966, einem Donnerstag, traf sich die Mannschaft im Hotel „Wetterstein“ und stimmte darüber an, ob man noch weiter mit Merkel arbeiten wolle. Das Votum fiel mehr als deutlich aus. Von 17 Spielern entschieden sich 14 gegen den österreichischen Coach, mit dem sie ein halbes Jahr zuvor noch den größten Triumph der Vereinsgeschichte gefeiert hatten. Nur drei (Rudi Brunnenmeier, Bernd Patzke und Fahrian) stimmten nicht gegen Merkel.

Nachdem Peter Grosser Präsident Adalbert Wetzel von der Abstimmung gegen Merkel informiert hatte, unternahm der Trainer vor dem Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt einen letzten Versuch, den Putsch niederzuschlagen. Er hatte die komplette Reservemannschaft zum Hauptbahnhof bestellt, drohte den Rebellen mit fristloser Kündigung.

Aber dazu kam es dann doch nicht mehr. Der Vorstand hatte sich inzwischen den Forderungen der Spieler gebeugt und legte Merkel nahe, seine Arbeit sofort zu beenden. Für Adalbert Wetzel eine seiner bittersten Entscheidungen in seiner langen Amtszeit.

Von Merkel befreit, begannen die Sechziger beim Spiel in Frankfurt furios und führten kurz nach der Halbzeit mit 3:0. Am Ende hieß es dann aber doch nur 3:3. Betreut wurden die Löwen von Amateur-Trainer Hanns-Wolfgang Weber, der im neuen Jahr dann von Gunter Baumann abgelöst wurde. Der führte die Mannschaft in der Rückrundentabelle auf Platz eins, doch am Ende fehlten zwei Punkte zur Titelverteidigung. Meister wurde in diesem Jahr Außenseiter Eintracht Braunschweig.


EUROPAPOKAL DER LANDESMEISTER

Die Auslosung im Europapokal der Landesmeister bescherte den Löwen zunächst ein ganz leichtes Los. Der Gegner kam aus Zypern, hieß Omonia Nikosia und war chancenlos. In der nächsten Runde zogen die Löwen einen Kracher mit Real Madrid. Die erste Partie gegen das „weiße Ballett“ stieg am 16. November 1966 im Stadion an der Grünwalder Straße. 40.000 Zuschauer bejubelten einen 1:0-Erfolg durch einen herrlichen Treffers von Hennes Küppers. Die in der Bundesliga gesperrten Timo Konietzka und Manfred Wagner durften übrigens auch im Europacup nicht mitmachen. Das Rückspiel zwei Wochen später im berühmt-berüchtigten Bernabeu-Stadion begann mit einem Paukenschlag. Nach zwölf Minuten bereits führten die Löwen wieder mit 1:0. Rudi Brunnenmeier hatte getroffen. Dann aber glich Ramón Grosso aus, und Amancio Amaro erhöhte noch vor der Pause auf 2:1. Ein Entscheidungsspiel auf neutralem Platz war immer noch drin. Hätte nicht ausgerechnet der Radi in der 52. Minute einen Aussetzer gehabt, als er einen harmlosen Roller von Pirri ohne Reaktion ins Tor kullern ließ. 3:1 – damit war Real weiter.


KURIOSES

Radi vs. Merkel
Grund für die Spielerrevolte gegen Trainer Max Merkel soll eine Auseinandersetzung im Training wenige Tage zuvor gewesen sein. Nachdem der Österreicher einen Spieler als „Sau“ beschimpft hatte kam es beinahe auf dem Trainingsplatz zu einer Prügelei mit Petar Radenkovic. Nasenspitze an Nasenspitze standen sich Trainer und Torhüter gegenüber und warfen sich „Freundlichkeiten“ an den Kopf. „Sie müssen auf jeden Fall weg!“, zischte Radi, woraufhin Merkel ganz langsam seine Brille abnahm und fragte: »“Wos is’, mogst herhau’n?“

Pelé auf Giesings Höhen
Sieben Jahre, nachdem der der FC Santos beim TSV 1860 mit 9:1 gewonnen hatte, machten die Brasilianer um Superstar Pelé den Löwen erneut ihre Aufwartung. Und diesmal hielten die Sechziger weitaus besser dagegen. 20.000 Zuschauer sahen am 13. Juni 1967 im Stadion an der Grünwalder Straße ein mitreißendes Spiel der Sechzger, die durch je zwei Tore von Hans Rebele und Bubi Bründl sogar mit 4:2 in Führung gegangen waren. In den letzten zwölf Minuten glückten den Brasilianern jedoch noch drei Treffer und so durften sie erneut als Sieger vom Platz gehen. Pelé selbst trug sich zweimal in die Torschützenliste ein.


INTERVIEW MIT MANFRED WAGNER

Manni Wagner spielte von 1958 bis zu seinem Karriereende 1971 im Seniorenbereich nur für die Löwen, trat als einziger aus der Meistermannschaft mit seinen Sechzgern den bitteren Gang in die Zweite Liga an. Insgesamt absolvierte der „Treue Manni“ 94 Oberliga-Spiele (4 Tore), 187 Bundesliga-Partien (3), 31 Zweitliga-Spiele (1), 15 DFB-Pokal-Einsätze und 10 Europacup-Begegnungen für die Löwen. Später managte er über Jahrzehnte die Traditionsmannschaft des TSV 1860, ehe er diese Aufgabe im Alter von 70 Jahren in jüngere Hände gab. Am 10. Februar 2015 verstarb der zuletzt in Germering wohnende Wagner in München.

Welche Erinnerung verbinden Sie mit der Saison 1966/1967?
Manni Wagner: Es war eine sehr turbulente Spielzeit mit vielen Ungereimtheiten. Wir waren nach der Meisterschaft als Favorit gestartet, dann kam es zum großen Krach, der in der Ablösung von Max Merkel gipfelte. Die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft stimmte einfach nicht mehr. Das Potential zum erneuten Titelgewinn war da, am Ende fehlten uns nur zwei Punkte auf Braunschweig. Damals haben die Bayern in der Endphase hoch bei der Eintracht verloren und Franz Beckenbauer hat anschließend gesagt: „Da haben wir nicht unbedingt gewinnen müssen.“

Zwei Punkte fehlten am Ende auch aus dem „Skandalspiel“ gegen Borussia Dortmund...
Wagner: Ja, wir haben durch zwei eklatante Fehlentscheidungen, wie ich sie nie wieder erlebt habe, mit 1:2 verloren. Es dauerte mehrere Stunden, bis Schiedsrichter Spinnler aus Mainz wegen der aufgebrachten Löwen-Fans überhaupt das Grünwalder Stadion verlassen konnte. Timo Konietzka und ich wurden vom Platz gestellt. Timo wurde sechs Monate, ich drei Monate gesperrt.

Am 13. Juni 1967 gastierte der FC Santos mit Pelé im Grünwalder. Ein besonderes Erlebnis für Sie?
Wagner: Wir haben zwar mit 4:5 verloren, aber gegen die beste Vereinsmannschaft der Welt zu dieser Zeit. Für die Zuschauer war das Spiel eine Augenweide, weil es richtig zur Sache ging, aber nicht unfair. Wir haben uns zerrissen, wollten dieses Prestigespiel unbedingt gewinnen.

BILDER AUS DER KARRIERE VON MANNI WAGNER

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