SECHZIGMÃœNCHEN.
 

Blick zurück: Saison 1999/2000.

Das Löwen-Team in der Saison 1999/2000, hinten (v. li.): Co-Trainer Peter Pacult, Guido Gorges, Martin Stranzl, Holger Greilich, Marco Kurz, Ned Zelic, Tomás Votava, Olaf Bodden, Paul Agostino, Markus Schroth, Stefan Paßlack, Bernhard Winkler, Betreuer Hugo Hackl. Mitte (v. li.): Torwart-Trainer Claus Boden, Trainer Werner Lorant, Martin Cizek, Thomas Meggle, Danny Fuchs, Martin Max, Daniel Borimirov, Filip Tapalovic, Jörg Scherbe, Thomas Richter, Roman Tyce, Physiotherapeuten Ralf Frank und Stephan Raineri. Vorne (v. li.): Thomas Häßler, Christian Fröhlich, Michel Dinzey, Marcus Pürk, Michael Hofmann, Daniel Hoffmann, Christian Prosenik, Thomas Riedl, Harald Cerny, Awudu Issaka. 

Die Spielzeit 1999/2000 war die beste der Löwen seit 33 Jahren – seit der Vizemeisterschaft 1966/1967. Mit ein Grund für den Erfolg war die gute Einkaufspolitik der Sechzger. Acht Neue kamen, der spektakulärste Transfer war der von Welt- und Europameister Thomas Häßler. Auch die Verpflichtung von Torjäger Martin Max sollte sich als Volltreffer erweisen, der sich mit 19 Treffern die kicker-Torjägerkanone sicherte. Neben dem ersten Derbysieg nach 22 Jahren konnte am Ende auch Platz vier und die Qualifikationsspiele zur Champions League bejubelt werden. 

Im Sommer 1999 herrschte wieder mal reger Personalwechsel beim TSV 1860. Kein Wunder, hatte Trainer Werner Lorant doch schon nach der verkorksten Rückrunde Veränderungen im Kader angekündigt. Neun Spieler verließen den Verein, darunter Gerald Vanenburg, Olaf Bodden (er musste seiner Krankheit endgültig Tribut zollen) und Torhüter Bernd Meier. Acht Neue wurden geholt. Allen voran natürlich Thomas Häßler. Der Weltmeister war vom Papier her der spektakulärste Transfer. Dazu kamen noch Martin Max, die beiden österreichischen Nationalspieler Christian Prosenik und Marcus Pürk, Thomas Riedl, Filip Tapalovic, Stephan Paßlack sowie der tschechische Nationalspieler Tomas Votava.

Vor allem die Verpflichtung von Thomas Häßler weckte natürlich große Erwartungen bei den Fans, aber dass es dann schließlich solch eine tolle Spielzeit werden würde, daran hatte niemand auch nur im Traum gedacht. Die Löwen legten ihre beste Saison seit 33 Jahren hin (1966/1967 waren sie Vizemeister geworden), landeten auf Platz vier und sicherten sich damit die Qualifikationsspiele für die Teilnahme an der Champions League. Ein grandioser Erfolg.

Dabei hatte die Saison recht holprig begonnen. Tomas Votava, der als neuer Abwehrchef eingeplant war, zog sich in der Vorbereitungszeit einen Achillessehnenriss zu und fiel für viele Monate aus. Werner Lorant reagierte sofort, griff zum Telefon und rief Gerald Vanenburg an. „Ich brauch dich wieder für ein halbes Jahr. Was ist? Kommst du?“ Vanenburg, inzwischen immerhin schon 35, zögerte keine Minute, sagte sofort zu. Zumal ihm der TSV 1860 auch entgegenkam. Der Holländer musste immer erst am Donnerstag vor den Spielen nach München fliegen, um an den letzten beiden Trainingseinheiten teilzunehmen. Ansonsten hielt er sich zu Hause in Eindhoven fit.

Trotzdem konnte zu Beginn niemand im Löwenlager von einer Spitzenplatzierung träumen. Nach fünf Spieltagen hatten die Sechzger bereits drei Niederlagen auf dem Konto. Dann aber gab Lorants Truppe Gas. Bis zur Winterpause wurde nur noch eins von zwölf Spielen verloren (0:3 in Duisburg), und es gab beachtliche Siege in Bremen (3:1), Stuttgart (3:1) und natürlich den Triumph im Derby (1:0) über die Bayern. Zur Winterpause lagen die Löwen mit vier Punkten Vorsprung auf den Fünften, Borussia Dortmund, auf dem 4. Platz.

Präsident Karl-Heinz Wildmoser konnte schon mal die europäische Landkarte studieren. In der Rückrunde kamen die Löwen zwar etwas mühsam aus den Startlöchern (drei Niederlagen in den ersten vier Spielen), aber dadurch ließ man sich nicht aus der Fassung bringen. Man war's ja aus der Vorrunde gewohnt. Dem 3:1-Sieg am 20. Spieltag zu Hause gegen den SC Freiburg folgte zwar im nächsten Auswärtsspiel ein 1:3 in Frankfurt, aber danach blieb die Lorant-Truppe vier Mal in Folge ungeschlagen, holte sich den 4. Tabellenplatz zurück.

Anschließend gab es beim Hamburger SV nichts zu holen (0:2), dann verlor man die Heimpartie gegen Bayer Leverkusen (1:2). Im anschließenden Derby bei der SpVgg Unterhaching rettete Paul Agostino gegen neun Hachinger beim 1:1 in letzter Sekunde einen Punkt. Es war der Auftakt zu einem starken Finish. Denn anschließend gewannen die Löwen beim MSV Duisburg deutlich mit 4:1 und konnten wieder von der Champions League träumen.

Keins der letzten sieben Spiele ging verloren. Die Bayern wurden ein zweites Mal in dieser Saison bezwungen (2:1), ehe Unentschieden gegen Stuttgart (1:1) und auf Schalke (2:2) folgten. Durch einen 2:1-Erfolg vor heimischer Kulisse gegen Hertha BSC hatten die Löwen es selbst in der Hand, sich den Quali-Platz für die Champions-League zu sichern. Am letzten Spieltag reichte dazu ein 1:1 in Kaiserslautern und nach der Rückkehr in München feierten die Spieler durch, als wären sie gerade Deutscher Meister geworden.

ZWEI DERBYSIEGE IN EINER SAISON

Die Saison 1999/2000 - sie war nicht nur wegen des Erreichens der Champions-League-Qualifikation etwas ganz Besonderes. Nein, zum ersten und bislang einzigen Mal gelangen dem TSV 1860 in einer Bundesligasaison auch zwei Siege in den beiden Derbys gegen den FC Bayern. Das hatte nicht mal der legendäre Max Merkel mit seiner Super-Truppe in den 1960er Jahren geschafft.

Wobei der 1:0-Sieg am 27. November 1999 natürlich auch noch einen ganz besonderen Stellenwert hatte und auf die arg geschundene Löwen-Seele wie Balsam wirkte. Denn es war der erste Derbytriumph nach sage und schreibe 22 Jahren und 15 Tagen. Am 12. November 1977 hatten die Sechzger die Bayern zum letzten Mal geschlagen. Mit einem 3: 1.

Dabei war der 1:0-Sieg im November 1999 mehr als verdient. Eigentlich hätte das Spiel noch viel, viel höher ausgehen müssen. Innerhalb von drei Minuten und 43 Sekunden hatten die Löwen in der 1. Halbzeit drei Mal die Latte getroffen. Zweimal war Paul Agostino der Pechvogel, einmal Gerald Vanenburg. Der TSV 1860 spielte den Tabellenführer förmlich an die Wand, die Bayern wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Und sie hatten Riesenglück, dass die Sechzger noch weitere Großchancen vergaben. Die allerbeste versemmelte Filip Tapalovic, der in der 65. Minute aus drei Metern das leere Tor nicht traf.

„Die Blauen spielen uns ja an die Wand“, hatte Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge schon zur Pause gestöhnt. Den Fangschuss erhielten er und seine Roten dann in der 85. Minute. Thomas Riedls Hammer zum 1:0 versetzte alle Blauen im Olympiastadion in einen lange nicht mehr erlebten Begeisterungstaumel. „Gut, dass das Tor so spät fiel“, meinte Werner Lorant hinterher trocken, „so konnten die Bayern kaum noch reagieren.“

Lorant musste sich das Derby übrigens von der Tribüne aus ansehen. Er war vorn DFB wegen angeblicher Schiedsrichterbeleidigung zu zwei Spielen Sperre und 25.000 Mark Geldstrafe verknackt worden. Das Coaching auf der Bank hatte sein Assistent Peter Pacult übernehmen. Der nahm den Sieg übrigens ganz cool auf, im Gegensatz zu seiner Mannschaft. Die Löwen feierten und tanzten noch lange nach dem Schlusspfiff auf dem Spielfeld herum und führten sich auf, als gäbe es kein Morgen mehr. Auch der schon 33-jährige Thomas Häßler war außer Rand und Band. „Das war fast so schön wie der Gewinn des WM-Titels“, strahlte er. Am glücklichsten aber war Abwehrspieler Marco Kurz. Obwohl er wie ein Schlosshund weinte. Der Kapitän war in der Nacht zuvor Vater von Töchterchen Luisa geworden, hatte kaum geschlafen und dann noch der Sieg im Derby. „Da haben mich die Gefühle übermannt“, sagte Kurz tief bewegt.

Die Bayern schworen natürlich Rache für das Rückspiel, aber fünf Monate später schauten sie dann doch wieder in die Röhre. Auch die Partie am 15. April 2000 ging nämlich an die Löwen. Wobei der 2:1-Siegtreffer schon ein ganz besonderes Schmankerl war. Den erzielte nämlich ausgerechnet ein Ex-Löwe per Eigentor. Jens Jeremies war der arme Hund, der sich in der 40. Minute mit Torhüter Oliver Kahn nicht einig war und dann das Leder über die eigene Torlinie köpfte. Die Löwen-Fans, die dem Jerry den Wechsel zu den Roten knapp zwei Jahre zuvor immer noch nicht verziehen hatten, klopften sich vor Schadenfreude und Begeisterung auf die Schenkel.

Zuvor hatte Martin Max den TSV 1860 in der 22. Minute in Führung gebracht. Für die Bayern war nicht mehr drin als der zwischenzeitliche Ausgleich durch einen Freistoß von Mehmet Scholl (29.). Zwei Siege in einer Saison gegen den roten Nachbarn - eine denkwürdige Saison.


KURIOSES

Ein Tor für die Ewigkeit
Es war ein Schuss, ein Tor, das ihn zur Löwen-Legende machte: Thomas Riedl. Sein Treffer zum 1:0-Sieg über den FC Bayern München am 27. November 1999 im Olympiastadion beendete für die Löwen eine Derby-Durststrecke von 22 Jahren. „Es brachen alle Dämme“, beschrieb der defensive Mittelfeldspieler seine Eindrücke nach dem Schlusspfiff. „Ich befand mich in einem Trancezustand. Karl-Heinz Wildmoser drückte mich, ließ mich gar nicht mehr los. Michael Hofmann hievte mich auf seine Schultern und drehte eine Ehrenrunde. Es kam mir alles so vor, als ob wir gerade Weltmeister geworden wären. Und dann stehst du da und denkst: Jetzt würde ich gerne einmal kurz die Zeit anhalten.“ Der Treffer machte den kleinen Pfälzer mit einem Schlag unsterblich bei den Löwenfans und zum Fußballgott. Zu Beginn der Saison war Riedl vom 1. FC Kaiserslautern gekommen, dort stand er immer im Schatten seines Vaters Hannes, der zwischen 1974 und 1981 sehr erfolgreich am Betzenberg spielte, insgesamt 441 Bundesligaspiele in seiner Karriere bestritt. Anders bei Sechzig. Hier ist Riedl junior seitdem ein Held, obwohl er in zwei Jahren bei den Löwen nur ein Tor erzielte – eben jenes an diesem regnerischen Novembertag. „Ich bekomme noch heute Fanpost von Leuten, denen dieses Tor den schönsten Tag ihres Lebens beschert hat“, erzählt er. „Das ist fast gespenstisch. In jeder Kneipe in Giesing hängt seitdem ein Foto von mir. Das Bier, das mir die Leute in München noch heute ausgeben wollen, würde bis zu meinem Lebensende reichen. Ich bin mit Kaiserslautern Deutscher Meister und Pokalsieger geworden – aber dieses 1:0 gegen die Bayern steht über allem.“ Das Trikot, das Riedl damals trug, ist seit dem Frühjahr 2019 in der Pfalz zu bewundern – im Museum seines Heimvereins 1. FC Kaiserslautern. Und das kam so: Damals besuchte die Sportredaktion der RHEINPFALZ noch regelmäßig die Spiele beider Bundesligisten in München. Der heutige Sportchef Horst Konzok telefonierte auf dem Weg zum Olympiastadion an jenem verregneten Samstag mit Jürgen Rische, damals noch beim FCK, aber kurz vor dem Wechsel zum VfL Wolfsburg. Rische, ein guter Freund Riedls, sagte in bestem sächsisch: „Sach’ dem Thomas nen’ schänen Gruß – er soll denen einen reinhauen.“ Der Gruß samt Wunsch wurde kurz vorm Anpfiff bestellt und die Bitte Konzoks, am Ende Riedls Trikot als Geschenk zum 13. Geburtstag von Sohn Timo zu bekommen, formuliert. „Kriegst du“, versprach der Löwe und löste sein Versprechen trotz all‘ dem Trubel um seine Person direkt nach dem Schlusspfiff ein, eilte zur Haupttribüne und übergab Konzok sein Trikot. Das hing fast 20 Jahre im Kinderzimmer seines Sohnes im pfälzischen Zellertal. Aus dem Grün am Trikotärmel war längst ein Braun geworden. Im März 2019 übergab es dann Konzok zusammen mit Riedl beim Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen den FC Carl Zeiss Jena auf dem Betzenberg offiziell dem FCK-Museum. Riedl lebt seit seinem Karriereende wieder in der Pfalz und arbeitet hauptberuflich in der Versicherungsbranche. Sein Herz hängt immer noch am Fußball. Als Nachwuchstrainer unterstützt er seinen Ex-Kollegen bei den Roten Teufeln, Axel Roos, in der von ihm geführten Fritz-Walter-Jugend. Und wenn es seine Zeit erlaubt, schnürt er gerne die Fußballschuhe – auch für die Löwen-Traditionsmannschaft. „Ich habe den Eindruck“, sagte er kürzlich dem kicker-Sportmagazin, „dass bei 1860 Verdienste mehr zählen als in Kaiserslautern.“ Einmal Löwe, immer Löwe.

Eine verhängnisvolle Affäre
Thomas Häßler schlitterte Anfang 2000 in eine schwere private Krise zu. Seine Frau Angela hatte eine Affäre mit 1860-Manager Edgar Geenen, was die Boulevardpresse genüsslich ausbreitete. Die Trennung des Ehepaar Häßler war kurz zuvor bekannt geworden. Seine Kollegen sorgten sich um ihren sensiblen Spielmacher. Nach der 0:3-Niederlage am 8. Februar 2000 beim SSV Ulm 1846 saß der Mannschaftsrat noch tief bis in die Nacht mit mit Werner Lorant zusammen und bestand darauf, dass der Manager entlassen wird. Präsident Karl-Heinz Wildmoser legte daraufhin Geenen nahe, von seinem Amt zurückzutreten, was dieser auch tat. Sein Nachfolger wurde im April dann der völlig unbekannte Dirk Duffner. Apropos Geenen: Im Herbst 2007 kam die Nachricht, dass der frühere Löwen-Sportdirektor im Alter von 53 Jahren von der Polizei im Heizungskeller seiner Münchner Wohnung tot aufgefunden wurde. Er hatte sich erhängt. Geenen hatte seine Laufbahn als Manager beim KFC Uerdingen begonnen. Nach seiner Zeit beim TSV 1860 (1997 bis 2000) war er anschließend bis 2003 beim 1. FC Nürnberg tätig. Danach arbeitete Geenen als freiberuflicher Unternehmensberater in München und Düsseldorf.

Brunnenmeiers Erbe
Karl-Heinz Wildmoser hatte Werner Lorant im Frühjahr 1999 etwas ungläubig angeschaut, als der Trainer mit folgendem Wunsch ankam: „Ich will den Martin Max in der neuen Saison haben.“ Die Antwort des Präsidenten: „Ach geh. Was willst denn mit dem noch?“ Die Skepsis von Wildmoser schien irgendwie verständlich: Max stand bereits vor seinem 31. Geburtstag und hatte auf Schalke nicht mehr für allzu viel Furore gesorgt. Nur zehn Tore in zwei Spielzeiten - auch bei den Fans war der „Eurofighter“ (Sieger des UEFA-Cups 1996) nicht mehr sonderlich gelitten. Aber gerade auf solche Spieler war Lorant immer scharf. Solche, die sich selbst nochmals was beweisen wollten. Zudem war Max mit einer Ablöse von 1,5 Millionen Mark relativ preiswert. Lorant setzte also seinen Kopf durch, Wildmoser überwies das Geld mit einem Stöhnen auf das Schalker Konto, und Max war ein Sechzger. Und was für einer. Einer, der in die Geschichtsbücher der Blauen eingehen sollte. 19 Tore gelangen dem gebürtigen Recklinghauser in der Saison 1999/2000 und die reichten, um die Tojrägerkanone als bester Schütze der Bundesliga überreicht zu bekommen. Das hatte zuvor nur ein Löwe geschafft. Und das war 35 Jahre her. Rudi Brunnenmeier durfte sich nach der Saison 1964/1965 mit 24 Toren feiern lassen. Jetzt hatte er in Martin Max einen würdigen Nachfolger. Und Karl-Heinz Wildmoser war stolz auf seinen Trainer, weil der mal wieder seinen guten Riecher bewiesen hatte.


INTERVIEW MIT THOMAS RIEDL

Thomas Riedl kam im Sommer 1999 zu den Löwen. Zuvor hatte er mit dem 1. FC Kaiserslautern die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal gewonnen. Zwei Jahre stand er beim TSV 1860 unter Vertrag, erzielte in 33 Bundesligaspielen nur ein Tor – aber ein historisches. Nachdem er in der zweiten Saison nur noch elf Einsätze absolvierte, kehrte er wieder an den Betzenberg zurück, spielte dort noch drei Jahre Bundesliga bevor er nach Österreich zum FC Pasching, später zu Austria Kärnten wechselte. Seine Karriere beendete er in der Regionalliga Südwest beim FK Pirmasens

Sie wechselten zur Saison 1999/2000 vom 1. FC Kaiserslautern zu den Löwen. Mit Ihnen kamen Martin Max und Thomas Häßler.
Thomas Riedl: Ja, gerade mit Thomas Häßler habe ich mich auf Anhieb sehr gut verstanden. Es schien so, als ob sich die gesamte Mannschaft gesucht und gefunden hätte. Es herrschte eine super Kameradschaft von Anfang an. Klar gab es auch Konkurrenzkampf, aber nie negativ, sondern immer freundschaftlich. Für mich war es absolut spannend, weil ich zum ersten Mal meine Heimatstadt Kaiserslautern verlassen hatte.

Und dann kam der berühmte 27. November 1999. In der 85. Minute erzielten Sie im Derby gegen den FC Bayern mit einem 22-Meter-Schuss das Siegtor. Es war der erste Derbyerfolg nach über 22 Jahren. Seitdem sind Sie bei den Löwen-Fans unsterblich.
Riedl: An dem Tag hat alles gepasst. Für mich persönlich war es natürlich eine Sensation. Aber wenn man das Spiel gesehen hat, muss man sagen, dass es absolut verdient war. Es war eines der besten Spiele, die wir gemacht haben.

Anschließend wurden Sie herumgereicht. Was ist Ihnen davon noch in Erinnerung?
Riedl: Die Aufmerksamkeit war gigantisch. Vielleicht hätte ich das noch viel mehr genießen müssen. Aber ich war nie der Typ, der gerne im Mittelpunkt steht.

Eine Garantie für einen Stammplatz war dieser Treffer aber nicht ...
Riedl: Ich habe schon regelmäßig gespielt, wenn auch viele sagen, dass mir dieses Tor mehr geschadet als geholfen hatte. Die Fans waren anschließend extrem auf meiner Seite. Das ist bis heute so geblieben. Noch immer melden sich viele bei mir. Trainer Werner Lorant hat das – dieses Gefühl musste man bekommen – nicht gefallen.

Das zweite Derby wurde mit 3:1 ebenfalls gewonnen. Trotzdem liegt Ihr Vater Hannes im internen Duell mit Bayern-Siegen weit vor Ihnen.
Riedl: (lacht) Ja, das ist so. Dadurch kam auch folgende Geschichte zustande: Ich hatte die beiden Spiele vor dem Derby nicht gespielt. Tom Nuggis von der BILD-Zeitung sprach mit mir, wir scherzten, dass es ja für mich als Lauterer nichts Besonderes wäre, die Bayern zu schlagen. Anschließend griff er es auf und titelte einen Tag vor dem Spiel: „Thomas Riedl: ‚Morgen schieße ich die Bayern ab!‘“ – und er behielt recht.

Am letzten Spieltag kam es zu Ihrer Rückkehr auf den „Betze“. Für beide Mannschaften ging‘s um Platz vier, der zur Champions-League-Qualifikation berechtigte.
Riedl: Genau, ich war besonders motiviert, habe ein super Spiel gemacht. Am Ende reichte das 1:1. Es war für uns der krönende Abschluss einer super Saison.

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